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NICOLE SCHÄFER BLOG

Ernsthafte Beratung mit Humor? Der Provokative Ansatz. Eine Hommage an Frank Farrelly.


Anfang der Sechzigerjahre verlor ein junger amerikanischer Therapeut namens Frank Farrelly, der Mitarbeiter in einem Projekt von Carl Rogers war, die Geduld mit einem chronisch schizophrenen Patienten.
Er hatte mit ihm über neunzig Stunden lang streng gesprächstherapeutisch gearbeitet und ihm unverdrossen versichert, wie grundsätzlich wertvoll und reich an Potential er sei. Der Klient reagierte ebenso unverdrossen mit Widerstand, war antriebslos und beharrte darauf, dass er keinerlei Fähigkeiten besäße.

 

Farrelly machte in der 91. Stunde unvermittelt einen Schwenk um 180 Grad und begann der negativen Selbsteinschätzung des Patienten begeistert zuzustimmen. Jawohl, versicherte er ihm, er sei wertlos, nutzlos und hässlich, ein kompletter Versager, zu nichts mehr fähig, eine Zukunftsperspektive sei praktisch nicht vorhanden usw.. Ohne Übergang richtete sich der zusammengesunkene, lethargische Patient auf und fing an sich zu verteidigen: Er könne sehr wohl dies und jenes und zählte seine Fähigkeiten mit einer Energie auf, die er vorher nie gezeigt hatte.

 

"In der Opferrolle verharren, das ist die Rolle die ich kenne. Die ist ja auch bequem, da komme ich schon Jahre mit durch und das offensichtlich ganz gut. Ich habe wechselnde Therapeuten vom Verhaltenstherapeut bis zum Psychodramatiker. Dort bekomme ich immer wieder aufs Neue, Hilfe und Unterstützung. Durchalten kann ich, immerhin kostet eine Stagnation genau so viel Energie wie eine Veränderung.

 

Das war die Geburtsstunde der Provokativen Therapie.

 

 

Der Provokative Stil ist eine effektive Kurzzeitberatung. Die Provokative Therapie wird zur kognitiven Verhaltenstherapie gezählt, aber eigentlich handelt es sich um eine emotionale Verhaltenstherapie, deren Ansatzpunkt die emotionale Energie darstellt, die in jedem Symptom steckt.

Symptome aufrecht zu erhalten kostet Kraft – welch enorme Energie muss eine magersüchtige Klientien aufbringen um jedes Gramm ihres Gewichtes zu kontrollieren.

 

 

Die Triebfeder, die Symptome am Leben erhält, ist nicht das rationale Denken, sondern das Gefühl oder anders ausgedrückt: die emotionale Energie. Wenn man einen Menschen beeinflussen will, muss der Antrieb zur Veränderung daher ebenfalls aus den Gefühlen kommen. Durch rationale Einsichten alleine hat sich noch kein Mensch verändert.

 

Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen,

Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen,

sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Die Stadt in der Wüste / Citadelle